Stories vom WochenMarkt

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Stories von VolksFesten

Stories von VolksFesten

MarktVergnügen für alle

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Ein Gespräch auf dem Hamburger Frühlings-DOM mit Schausteller Sascha B. 50. Seit 25 Jahren ist er mit seiner Jugendliebe Bianca verheiratet. Zwei Töchter hat das Paar. Die ältere Tochter Evelyn 23 ist gemeinsam mit ihrem Partner ebenfalls im Schaustellergeschäft verankert, während die jüngere Tochter Lorenza gerade für ihr Abitur büffelt und in der Zeit danach "irgendwas mit Zeichnen" machen möchte. Das ist alles in Ordnung für mich, beide Töchter haben und hatten die freie Berufswahl, sagt Sascha, nicht ohne Stolz. Zur Familie gehört außerdem ein drolliger Chihuahua. Der Hund ist stets dabei, egal wo die Schaustellerfamilie unterwegs ist. Sascha und Bianca

bieten derzeitig den Jahrmarktbesuchern Crepes an. Bis vor kurzem waren auch Kinderkarussells wie "Kuddel der Hai" und die "Kinder Super 8" in ihrem Portfolio.
Wie sind Sie zu ihrem Beruf gekommen?
Die Belli’s haben eine lange Familientradition, die bis ins Jahr 1610 zurückführt. Meine Vorfahren waren Akrobaten einer Zirkusfamilie, sie kamen aus Italien. Mein Ur-Vorfahre durfte auf dem großen Platz in Florenz eine Darbietung feilbieten und ist dann mit dem Segen des Kardinals von Florenz über die Alpen nach Deutschland gezogen. In Deutschland entstand dann der größte Zirkus der damaligen Zeit, der Zirkus Belli mit seinem Sitz in Hamburg. Später machte meine Familie als Schausteller weiter, unter anderem auf dem Dom, erzählt Sascha B. Mein Großvater väterlicherseits hatte sieben Kinder. Alle gingen in die Schaustellerei und vom Ketten-Karussell- bis zum Schießbuden-Betreiber war alles dabei, und so setzte sich die Familientradition bis heute fort. Ich lernte schon beim Spielen als Knirps an der Seite meines Vaters, was zu tun ist. Mit 13 Jahren wurde ich fest ins Geschäft eingeplant, hatte mit 15 schon einen LKW Führerschein und dann mit 17 Jahren den Führerschein Klasse 3.
Learning by doing. Wir können alles – aber nichts richtig, sagt er und grinst.
Wir Schausteller stehen unter ständigem Zeitdruck, sind enorm vielschichtig unterwegs, denn wenn man nicht von allem etwas kann, müsste man sich teure Fachkräfte holen – wie zum Beispiel Elektriker, Kranführer, Mechaniker, Lackierer usw. Man muss also von allem ein bisschen sein. Heute habe ich von der vielen körperlichen Arbeit genug und überlege wie es weiter geht.
Was bedeutet Ihre Arbeit für Sie?
Schausteller zu sein, ist der tollste Job der Welt, denn man darf Menschen glücklich machen und kann Menschen zusammenbringen; dafür muss man Enthusiast sein und muss Spaß daran haben.
Mit welchen beruflichen Themen setzen Sie sich zurzeit auseinander?  
Hauptsächlich mit Verbandsthemen. Wir hatten gerade Probleme beim Abschussplatz für das Feuerwerk, die es zu lösen galt. Oder es geht um Transportkosten, wir würden nämlich gern eine Woche länger den Sommer-DOM betreiben, oder am Karfreitag öffnen. Auch Gespräche mit der Wirtschaftsbehörde u.v.m. gehören dazu.  Ich habe einen direkten Draht zu etlichen Politikern und in den Gesprächen geht es um übergeordnete Themen wie Regionalität, Bio, Ölverwendung usw.
Durch meine Verbandstätigkeit im LAGS Landesverband des Ambulanten Gewerbes und der Schausteller Hamburg e.V. erhalte ich viele Einladungen z.B. in die Handelskammer, von der IG St. Pauli oder von Bezirksämtern – das mache ich sehr gern, ist aber auch zeitaufwändig.
Auf wie vielen Volkfesten mit welchen Angeboten arbeiten Sie? 
Zurzeit sind es 20 Volksfeste in und um Hamburg herum, es waren schon mal mehr.
Wir verkaufen Crepes. Die Ursprungsidee dazu hatte meine Schwiegermutter, die in den 70er Jahren damit startete. Sie hatte damals 10 verschiedene Crepes im Angebot. Wir sind heute bei 100 verschiedenen Crepes und entwickeln stets Neue hinzu.
Haben Sie in den letzten Jahren Ihr Angebot verändert? Falls ja, warum?
Ja, wir müssen uns ständig um die aktuellen Trends kümmern. Das wünscht der Kunde, sonst bleibt er weg. Zitat: "Wenn man nicht mit der Zeit geht, geht man mit der Zeit." Natürlich haben wir jetzt auch vegane Crepes!
Hat Corona Ihr Leben verändert?
Sehr sogar. In dieser Zeit habe ich mein Karussell verkauft. Angst machte sich bei mir breit und ich fühlte mich wie im Gefängnis, nicht mehr mittendrin, wie gewohnt, sondern isoliert. Die Verbandsarbeit war in dieser Zeit besonders arbeitsintensiv, es entstand eine gute Zusammenarbeit, wo jeder seine Kontakte einbrachte. Als wir schließlich wieder öffnen durften, war ich sehr, sehr froh!
Haben Sie Freude an ihrem Beruf und würden ihn wieder wählen?
Ja.
Gibt es neben Familienbetrieben mit Tradition eigentlich auch neue Betreiber auf den Jahrmärkten?
Ab und zu gibt es Quereinsteiger, oder Leute, die per Heirat hinzukommen. Es ist für sie in der Regel schwieriger, da sie nicht von klein auf alles gelernt haben, was bei mir und anderen Schaustellerkindern bereits spielerisch angelegt wurde.
Sind neue Anbieter gern gesehen und können sie sich integrieren?
Auf dem DOM ist es wie in einem kleinen Dorf. Jeder kennt jeden. Man hat ja nicht immer mit Gutmenschen zu tun, es hängt damit zusammen, wie man sich einbringt, aber in der Regel hat jeder die Chance, sich zu integrieren.
Ihre Meinung bitte: Müssen die Fahrgeschäfte immer größer, höher und schneller werden?
Ja, darüber staune ich auch, dass immer wieder noch was geht und neue Karussells gebaut werden. Aber das passiert, weil es im Trend ist und gewünscht, bzw. gefordert wird. Besucher informieren sich nämlich vor ihrem Besuch im Internet welche Karussells zu erleben sind und welcher neue Nervenkitzel erlebt werden kann.
Würden Sie jungen Menschen zu dem Beruf des Schaustellers raten?
Das mache ich nach persönlicher Tagesform, also mal ja, mal nein. Die behördlichen Auflagen werden immer strenger und unübersichtlicher, die zu erfüllen sind. Jüngere haben keine Angst vor Digitalisierung und gehen damit unbeschwert um, das könnte ihnen in Zukunft den Umgang mit dem Regelwerk vielleicht erleichtern.
Wie schätzen Sie die Zukunft der Volksfeste in 10 Jahren ein?
Wir werden noch da sein, weil wir das zweitälteste Gewerbe der Welt sind. Natürlich kenne ich die Form der sich entwickelnden Veranstaltung nicht, hoffe aber, dass sich jeder der möchte, den Besuch noch leisten kann. Ich habe gerade in der derzeitigen TV-Werbung Ketten-Karussells entdeckt, das macht mir Mut für die Zukunft und verleiht mir das Gefühl, dass unsere Branche eine große Akzeptanz hat.
Was bedeutet geschäftlicher Erfolg für Sie? 
Wenn mein Stammkundenkreis noch größer wird und wenn meine Kunden immer wieder kommen und sich freuen.
Haben Sie einen persönlichen Wunsch, ein Ziel?
Gesundheit, gesund bleiben, das wünsche ich mir ebenso für meine Familie.
...und privat, verraten Sie Ihr Hobby?
Es ist schwierig, denn ich habe keine Zeit dafür. Fahre gern mal Motorrad und entspanne zu Hause in Schleswig-Holstein beim Grillen im Garten. Ganz wichtig ist für mich mein 14tägiger Urlaub mit der Familie.
Meine Lieblingsmusik...
sind alte Schlager 60/70er Jahre, denn ganz ohne Musik wäre es doof.
Gibt es ein schönstes Erlebnis für Sie?
Ich hatte sehr viele, schöne und tolle Erlebnisse in meinem Leben, aber das Schönste war, als ich mich mit 15 Jahren in meine Frau verliebte! Sie war damals 14 Jahre alt. Wir kannten uns von verschiedenen Volksfesten auf denen unsere Familien gastierten. Wir haben vor 25 Jahren in der Wurstbude meiner Eltern Hochzeit gefeiert und die gesamte Hochzeitsgesellschaft ist Riesenrad gefahren. Übrigens konfirmiert wurden wir auch gemeinsam als Kinder im großen Bierzelt.
Damit schließt sich die letzte Frage an, wo werden Sie denn Ihre Silberhochzeit im Juni feiern?
Bislang haben wir noch nichts geplant. Es richtet sich nach unseren besuchten Veranstaltungen.

Wir wünschen Ihnen schon heute weiterhin alles Glück und viel Erfolg mit und für ihre Schaustellerfamilie. 
Das Gespräch führte Barbara Gitschel-Bellwinkel im April 2023.
Zum Motiv: Der schmucke Crepes-Stand mit französischem Flair bietet auch etliche Sitzplätze.
Fotos©Barbara Gitschel-Bellwinkel