Für mich gibt es keinen schöneren Beruf, als Florist auf dem Wochenmarkt zu sein, erzählt Frank S. (55). Er ist schon als Kind seinem Vater auf dem Wochenmarkt gefolgt und hat als Heranwachsender das Geschäft bei ihm von der Pike auf gelernt. Vater Manfred (86) ist sozusagen ein Wochenmarkt-Urgestein und war 55 Jahre im Geschäft. Bis heute tauschen sich Sohn und Vater täglich aus, auch geht es dabei inzwischen häufig um die Schäferhund-Zucht, die Vater Manfred nach
erfolgter Geschäftsübergabe mit großer Begeisterung erfolgreich betreibt. Frank S. ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seine Frau ist mit Leib und Seele mobile Altenpflegerin, die Tochter wurde Erzieherin und leitet eine Kindertagesstätte. Der Sohn geht noch zur Schule und strebt danach ein Studium an. Gemeinsam mit der Familie leben drei ausgebildete Schäferhunde, die Haus und Hof bewachen! Sowohl Vater als auch Sohn lieben also Blumen und Schäferhunde…
Hier kommen die Fragen an Frank S.:
Was bedeutet Ihre Arbeit für Sie?
Sehr viel, sie macht mir Spaß! Ich gebe gern Tipps. Soeben kaufte eine Kundin Alpenveilchen: Also bitte nur von unten gießen, sie werden sonst mulschig.
Ich bin gern per DU mit den Kunden und mag den Klönschnack mit ihnen.
Mit welchen beruflichen Themen setzen Sie sich zurzeit auseinander?
Tja, ich befürchte, dass die Anzahl der Wochenmärkte weniger wird. Das ist ein Generationsproblem, da heute zu viele Arbeitsstunden von den jungen Leuten nicht gern gesehen werden, und außerdem gibt es das Problem der Nachfolge. Meine Kinder werden leider auch nicht meinen Betrieb übernehmen.
Sind sie in einem Berufsverband organisiert?
Ja, schon ewig im Landesverband, genau wie mein Vater. Ich habe den Wochenmarkt Schmuggelstieg mit initiiert, vor ca. 30 Jahren. Er ist ein Verbandsmarkt, damals hatten wir ca. 30-40 Stände, heute sind es ca. 20 Stände.
Auf wie vielen Wochenmärkten arbeiten Sie?
An 5 Tagen auf den Wochenmärkten Schmuggelstieg, Wilhelmsburg und Kirchdorf. Meine Arbeitszeit beginnt um 2 Uhr morgens, dann fahre ich zum Blumengroßmarkt und kaufe ein, da ich selbst nicht anbaue. Deutsche Ware ist mir eigentlich lieber, aber sie läuft zum Teil nicht so gut, also die Auswahl ist nicht so groß, das ist ein klimatisch bedingtes Problem. Danach benötige ich 3 Stunden um die Blumen zu binden und wochenmarktfertig zu machen, dann der Standaufbau, schließlich ist der Wochenmarktbeginn um 8.30 Uhr. Bis zum Ende eines Markttages sollten die Blumen möglichst verkauft sein, sonst bringe ich sie in mein Kühlhaus.
Wann schlafen Sie denn bei diesem Arbeitspensum?
Ich komme mit 2-3 Stunden Schlaf pro Nacht aus, das war schon immer so, deshalb habe ich keine Probleme morgens in der Frühe alles pünktlich zu schaffen.
Haben Sie Freude an ihrem Beruf und würden Sie ihn wieder wählen?
Uneingeschränkt ja. Ich habe nicht eine Sekunde gezögert und wollte nie etwas anderes machen.
Würden Sie jungen Menschen zu diesem Beruf raten?
Jein, im Angestelltenverhältnis kann man nicht genug verdienen, um eine Familie zu ernähren. In der Selbständigkeit schon, aber das muss man wollen, denn jeder Tag bringt was Neues, mal ist es schlecht, mal ist es gut, denn es ist immer irgendwas im Gange. Sei es am Auto, oder, oder und das musst du dann regeln!
Wie schätzen Sie die Zukunft der Wochenmärkte in 10 Jahren ein?
Ich bin unsicher. Heute wird soviel online bestellt. Zum Beispiel die Jungen, die 15-17Jährigen kommen überhaupt nicht mehr aus ihren Zimmern, sind nur noch online unterwegs. Früher gab es außerdem keine Einkaufszentren, die alles, inklusive Blumen, verkaufen. Hier mal ein Beispiel: Wenn 10 Rosen für 1,99 Euro mit Fair Trade Zeichen im Einkaufszentrum angeboten werden, dann stimmt doch was nicht! Diese Rosen können nur aus Afrika kommen. Gepflückt von Afrikanerinnen, die sich bei der Arbeit mit Pestiziden vergiften, so dass ihre Kinder krank zur Welt kommen. Alle wollen an diesen Rosen verdienen, nach dem Transport der Großabnehmer und dann der Filialist. Hier ist doch was faul am Preis, oder? Das ist natürlich schlecht für Wochenmärkte, wenn die Kunden sich entscheiden nur noch nach dem Preis Rosen im Einkaufszentrum zu kaufen.
Was bedeutet geschäftlicher Erfolg für Sie?
Positive Resonanz von meinen Kunden, die dazu führt, dass sie wiederkommen.
Wie erleben Sie die Stimmung auf dem Wochenmarkt unter den Kollegen?
Die Stimmung ist gut.
Und wie ist die Stimmung bei den Kunden?
Auch gut, obwohl die Gesamtlage zurzeit ja nicht rosig ist. Ich habe den Eindruck die meisten Menschen merken überhaupt noch nicht was los ist.
Im Übrigen vermeidet Frank S. Gespräche über Politik, da sei er lieber vorsichtig. Bemerkt habe er aber eine gewisse Unzufriedenheit mit allen Politikern, weil die so selten Branchenwissen haben, an ihrer Position kleben und sich einfach überhaupt nicht vorstellen können wo dem Verbraucher, oder dem Selbständigen der Schuh drückt.
Haben Sie einen Wunsch für die Zukunft?
Ich persönlich bin rundum zufrieden und möchte gern so positiv wie heute noch viele Jahre weiterarbeiten.
Haben Sie noch Zeit für ein Hobby?
Nein, eigentlich nicht, aber meine Familie und meine Hunde, sind mein Hobby; mit ihnen bin ich gern zusammen, sowie es möglich ist. Ich liebe unsere Familientreffen, schwärmt er.
Haben Sie ein Lieblingsbuch ?
Für die Zeitung langt es gerade noch, nach deren Lektüre bin sogar ich mal müde.
Und nun zum Schluss noch diese Frage: Haben Sie eine Lieblingsblume?
Es ist die Lilie, obwohl alle anderen auch wunderschön sind, sagt Frank S. fröhlich, der Wochenmarkt-Florist aus Berufung, mit großer Leidenschaft für Schäferhunde. Zurzeit sind es übrigens zwei Rüden und eine Hündin.
Vielen Dank für das nette Gespräch inmitten eines duftenden Blütenmeeres.
BGB Oktober 2022
Text und Fotos©Barbara Gitschel-Bellwinkel