Stories vom WochenMarkt

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Stories von VolksFesten

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MarktVergnügen für alle

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Es begann vor gut 32 Jahren, erinnert sich Gernot G.(58 ). Er war damals Student an der Uni Lüneburg, kurz vor dem Abschluss des BWL-Studiums. Um sein Studium finanzieren zu können, jobbte er auf dem Wochenmarkt bei einem Obst & Gemüsehändler. Als gegenüber der Imbissstandbesitzer einen Nachfolger suchte interessierte er sich sehr für das Prozedere und stellte viele Fragen. Der Übernahmekandidat sei schon ausgemacht wurde ihm gesagt, aber 2 Monate

später zeigte sich, dass der Deal geplatzt war. Sozusagen über Nacht wurde der junge Student zum möglichen Anwärter auserkoren. Über dieses Angebot musste Gernot G. nicht lange nachdenken, denn er war sich bereits klar, dass ihm hier sein geheimer Herzenswunsch offeriert wurde. Doch wie kann das umgesetzt werden, wenn die Taschen als Student bekanntermaßen chronisch leer sind und die Bank müde abwinkt? Dank der Unterstützung zweier Wochenmarkthändler, die auf seine Ambition und sein Können setzten, wurde eine Finanzierung auf die Beine gestellt und Gernot G. startete in seine Berufslaufbahn, die sofort mit 4 Markttagen begann. In den folgenden drei Jahren meldete er sich noch stets bei der Uni zurück, schließlich fehlte ihm nur die Abschlussarbeit. Doch die tägliche Arbeit in seinem Imbiss nahm ihn sehr in Anspruch, gepaart mit der Erkenntnis, dass ein Uni-Zertifikat jetzt nicht mehr hilfreich sei. Und bei dieser Erkenntnis sollte es bleiben, denn bis heute berichtet Gernot G. würde er genauso wieder entscheiden und habe es nie bereut. Ja, er wurde im Laufe der Jahre mehrfach gepiesackt, ob seine Berufswahl richtig gewesen sei, dazu fällt ihm der Tipp seiner leider sehr früh verstorbenen Eltern ein, an den er sich gern erinnert:
Wenn du etwas unbedingt möchtest, musst du es realisieren! Und so nahm es seinen Lauf.
Heute lebt und arbeitet er gemeinsam mit seiner Partnerin Christine V., deren ursprünglicher Beruf Steuerfachgehilfin ist, in Hamburg, während ihr Sohn im Ausland Psychologie studiert.
Womit begeistert Gernot G. seine Kunden? 
Da sind zunächst meine Klassiker, erzählt er. Currywurst mit Pommes, gefolgt von meinen selbstgemachten Frikadellen, Nudel-und Kartoffelsalat, oder einem alten Bekannten dem Schaschlik. Die selbstgesteckten Spieße biete ich mit eigenen Saucen-Kompositionen, ganz nostalgisch, so wie früher, an!
Hinzu kommen meine Topseller, die hausgemachten Eintöpfe. Inzwischen habe ich 83 verschiedene, eigene Kreationen im Angebot, wie zum Beispiel den Topf Hawai, aber auch vegetarische oder vegane Suppen. Mit jedem Wochenbeginn wechsele ich das Eintopf-Angebot. Meine Experimentierfreude hat mich unter anderem schon zu „Döner meets Currywurst“ oder „Chocolate-Chili“ verleitet. Wenn’s dann schmeckt, ist’s o.k.
Ich koche 3 x wöchentlich frische Eintöpfe vor, wobei ich die meisten Zutaten bei Kollegen auf dem Wochenmarkt kaufe. Die letzte Aufbereitung der Eintöpfe findet am Imbissstand statt. Um alles bewerkstelligen zu können habe ich eine große Küche und ein Lager am Hamburger Schlachthof. Übrigens kommt meine Suppen-Vorhersage richtig gut an, sie klebt am großen Kühlschrank und ist eine meiner Ideen, um die Kunden auf das Angebot in der kommenden Woche zu lenken.
Während der Corona-Zeit haben mich die Eintöpfe sozusagen gerettet. Der Geschäftseinbruch war riesig. Am Stand durfte ja nicht verzehrt werden, gestattet war nur die Mitnahme von Speisen. Zum Glück habe ich sehr treue Kunden, die meine Eintopf-Gerichte gekauft und verpackt mitgenommen haben.
Persönlich sind wir gut über die Runden gekommen, denn auf dem Wochenmarkt waren wir sicher und haben uns nicht angesteckt. Es erscheint mir in der Nachbetrachtung wie ein böser Spuk, der nun hoffentlich für immer vorbei ist. Übrigens durften wir erst 3 Monate später wieder Speisen ausgeben, im Vergleich zu Restaurants, die schon längst wieder geöffnet hatten!
Mit welchen beruflichen Themen setzen Sie sich zurzeit auseinander?  
Sorge macht mir das Nachwuchsproblem, denn ich beobachte wie gravierend die Personalnot bei meinen Nachbarständen ist. Hinzu kommt die politisch gewollte Problematik, dass beispielsweise eine Untervergabe eines Wochenmarktstandes nicht erlaubt ist, auch nicht in einem vorübergehenden Notfall. (Anmerkung: bezieht sich auf den Hamburger Isemarkt) Es gibt ständig neue Verordnungen, die zu erfüllen sind, die jedoch keine Verbesserung bringen. Wenn sich die Politik nicht kümmert, verkümmert der Wochenmarkt, denn es werden Kunden verloren gehen, wenn nichts passiert!
Die derzeitig allgegenwärtigen Themen Biokost und Regionalität erlebe ich an meinem Imbissstand kaum. Meine Kunden kennen mich und wissen, dass ich frische Produkte verwende. Für vegetarische und vegane Angebote habe ich zurzeit nur eine kleine Nachfrage, doch ich bin sicher, dass wird sich noch verändern.
Was bedeutet Ihre Arbeit für Sie?
Ich bin ausgesprochen gern mit Menschen zusammen, genieße es auch bei schlechtem Wetter und freue mich über jeden Besuch. Manchmal merke ich mein Alter, die Knochen sind dann schwer. Wir machen ja alles zu Zweit und haben nur eine Aushilfe im Verkauf, doch insgesamt bin ich immer noch Feuer und Flamme für meinen Beruf.
Was möchten Sie jungen Menschen auf den Weg geben, die sich für den Wochenmarkthandel interessieren?
Wer Lust darauf hat, zudem mit Menschen umgehen mag, außerdem flexibel ist und sich durch Außerplanmäßiges nicht umhauen lässt, ist hier richtig; man kann sich verwirklichen. Er oder sie sollte bereit sein, ständig in Bewegung zu bleiben, denn Stillstand ist kein guter Berater, man muss sich immer wieder um Erweiterung und Veränderung des Sortiments kümmern. Die angebotene Ware muss immer tipptopp sein, nur so kann man sich auf dem Wochenmarkt behaupten. Auch möchte ich davor warnen, sich die Geschäftsausstattung in einer Light-Version anzuschaffen, a la Billighänger aus China. Es sind meist klapprige Dinger, die hier etliche Probleme bereiten, denn bei uns gelten nun mal andere, strenge technische Regeln und außerdem, wenn der erste große Sturm kommt, fliegen sie vielleicht davon! Natürlich ist vorab auch zu bedenken, mit welchem Angebot der Handel aufgebaut wird. Der soundsovielte Kaffeestand oder Exotisches sind vielleicht momentan interessant, aber hält die Idee für einen längeren Zeitraum?
Es ist auch ratsam sich im Berufsverband zu engagieren. Das habe ich nahezu mit Beginn meiner Tätigkeit gemacht, denn mit Hilfe des Verbands kann politische Einflussnahme gelingen, etwa auf kuriose unverständliche Entscheidungen der Hamburger Bezirke, die sich tatsächlich voneinander unterscheiden. Das ist für mich insofern interessant, da meine beschickten Wochenmärkte verschiedenen Bezirken zugeordnet sind.
Wie schätzen Sie die Zukunft der Wochenmärkte in 10 Jahren ein?
Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es den klassischen Wochenmarkthandel, wie wir ihn heute erleben, dann nicht mehr geben wird bzw. dieser anders aussieht. Ich vermute, der Wochenmarkt wird mehr Veranstaltungs-Charakter erhalten, also mit zahlreichen gastronomischen Angeboten und weniger klassischen Nahversorgern. Außerdem gehe ich davon aus, dass es die Billigschiene & Co. bis dahin nicht überleben wird.
Gab es ein besonderes Erlebnis im Laufe ihrer Berufstätigkeit?
Ich hatte viele tolle Erlebnisse, an die ich heute gerne zurückdenke. Bis 2013 habe ich neben den Wochenmärkten auch noch an vielen Veranstaltungen, wie dem Alstervergnügen und dem Hafengeburtstag, teilgenommen. Auf eine harte Probe wurde ich gestellt, kurz nachdem ich mich selbständig gemacht hatte, als ich gebeten wurde auf einem Musikfestival in Schleswig-Holstein Würstchen anzubieten. Also besorgte ich 15.000 Würstchen, löste meine Logistikprobleme und auf ging’s. Die Veranstaltung wurde dann von 765 jungen Leuten besucht, was für eine Fehleinschätzung der Veranstalter und damit meiner Planung! Nun hieß es kreativ werden, denn die Rückgabe der Würstchen war nicht möglich. Zum Glück gelang es mir die vielen Würstchen vor Vernichtung zu retten und sie lebensmittelgerecht zu lagern. Fortan zog ich sukzessive meinen Bedarf für den Wochenmarkt ab. So gelang es mir, nicht pleite zu gehen!
Und privat, haben Sie eigentlich noch Zeit für ein Hobby?
Ich mache regelmäßig Sport, insbesondere Rückenübungen, und wenn wir mal verreisen, dann gern weit weg nach Thailand oder zum Beispiel nach Malaysia. Gern würde ich Australien bereisen, doch dazu braucht es Zeit…

Vielen Dank für das nette Gespräch, im März 2023
Text und Foto©Barbara Gitschel-Bellwinkel