Peter H. (64) ist verheiratet, hat 5 Kinder und 13 Enkelkinder. Seine Kinder sind ebenfalls im Schaustellergeschäft, wobei die Tochter mit Schwiegersohn und Enkelsohn mit ihm gemeinsam das Ballonfahrgeschäft betreiben. Neben dem Karussell bewirtschaftet die große Familie etliche Imbisse. Frische Fritten unter der eingetragenen Marke "Pommes Spezial" hat Peter H. schon seit 30 Jahren im Angebot und liegt damit auf einer beispiellosen Erfolgswelle. Waren es anfangs die berühmten Pommes mit Mayo, Ketchup und Zwiebeln sind es heute frische Pommes mit
Trüffelmayonnaise, die über den Tresen gehen. Rund 30 Saucenvarianten befinden sich inzwischen im Portfolio. Bevor Peter mit Pommes startete hatte er jeweils im Zeittrend die Chinapfanne und davor überbackene Champignons im Angebot, auch mit diesen Gastrohits war er sozusagen Pionier und Trendsetter auf Volksfesten, immer der Erste mit aufregenden Neuheiten. Auf dem Hamburger Weihnachtsmarkt bietet er bis heute, als einzige Ausnahme, (nur) Würstchen an. Rund um die Geschichte der Familie Peter H.:
Wie sind Sie zu diesem Beruf gekommen?
Durch meinen Vater. Er hatte damals mit Imbissbetrieben begonnen. Ich erhielt Privatunterricht bei meinen Großeltern, während wir auf Volksfesten unterwegs waren und wusste schon mit 15 Jahren, dass ich auch Schausteller werden wollte.
Und wie kamen Sie zu dem Karussell?
Wir Schausteller erfinden uns immer wieder neu und das stand bei uns an, wir mussten etwas machen…etwas Neues! Ich entdeckte ein vielversprechendes Kaufangebot für ein Karussell mit Seltenheitswert und nahm mein Glück beim Schopfe. Das Karussell, die "Ballonfahrt" wurde im Jahr 2000 gebaut. 2018 habe ich es gekauft. Nach seiner Generalüberholung konnten wir 2019 auf dem Hamburger Frühlingsdom damit loslegen. Die Ballonfahrt ist ein Familien-Karussell und wurde zu einer wunderbaren Erfolgsgeschichte. Es gibt nur zwei Karussells dieser Bauart in Deutschland, die nach dem gleichen Prinzip funktionieren, aber unterschiedlich aussehen. Das zweite Karussell wird von einer Schausteller-Familie aus München betrieben. Wir stehen im Austausch miteinander, verstehen uns gut und helfen uns gegenseitig, wenn es erforderlich ist. 32 Personen können an einer Ballonfahrt teilnehmen, per Ballon 4 Personen, wobei Kinder unter acht Jahren nicht allein mitfahren dürfen, da es zu hoch hinaus geht. Um alles in Gang zu halten arbeiten wir mit 6 Personen rund um und am Karussell und an seinem Pommes Stand. Wir sind jetzt im sechsten Jahr mit der Ballonfahrt auf Volksfesten und sind nach wie vor begeistert, erklärt Peter H. Die Amortisation sollten wir nach einer 10jährigen Betriebsdauer erreicht haben, wobei stets noch Investitionen hinzu kommen wie Modernisierung und zu erfüllende TÜV Anforderungen. Das Karussell ist also nahezu einzigartig und dazu auch noch praktisch, denn der Transport ist mit nur einem Anhänger zu bewerkstelligen.
Was bedeutet Ihre Arbeit für Sie?
Arbeit muss sich rentieren und dabei Spaß bringen.
Mit welchen beruflichen Themen setzen Sie sich zurzeit auseinander?
Personalmangel ist ein großes Problem, gefolgt von hohen Fixkosten für Strom, TÜV usw. und Einstandspreise bei Lebensmitteln. Dank meiner großen Familie können wir das Personalproblem intern lösen. Problematisch und teuer sind die ständig neu auftauchenden Normen, wie jetzt die DIN 13814 TÜV Bestimmung, das kostet alles viel Zeit und Nerven und der Nutzen stellt sich meines Erachtens nicht dar. Trotz allem bin ich der Meinung, dass die Preise für die Besucher unserer Volksfeste moderat bleiben sollten. Das stellt uns vor Schwierigkeiten, sowohl bei den Fahrtpreisen als auch bei den Verzehrs-Angeboten, die wir abfedern müssen.
Sind sie in einem Berufsverband organisiert?
Ich bin schon seit Ewigkeiten im Landesverband organisiert, irgendwas zwischen 35 und 40 Jahren Mitgliedschaft.
Auf wie vielen Volkfesten arbeiten Sie?
Es werden Jährlich zwischen 12 bis 14 Veranstaltungen, wobei auf den Hamburger Dom schon 90 Tage entfallen. Das soll auch so bleiben, denn ich bin Hamburger, fahre abends nach Hause in meine Wohnung. Wir waren auch schon zweimal auf dem Münchner Oktoberfest vertreten, das ist wie ein Ritterschlag in der Branche, oder beim Schueberfouer, dem größten Volksfest Luxemburgs und auch auf der Rheinkirmes in Düsseldorf, übrigens dieses Jahr werden wir auch dort sein. Am "Hamburger Fischmarkt auf Reisen" haben wir gute 15 Jahre teilgenommen und zwar mit Imbiss- und Getränkeangeboten. Doch es wurde einfach zu viel und so habe ich mich für das Karussell und die Volksfeste entschieden. Wir sind nur auf einem Weihnachtsmarkt vertreten, auf dem Hamburger Gerhardt-Hauptmann-Platz. Und das schon über 35 Jahren, auch wenn sich in dieser Zeit die Dinge verändert haben, nicht zuletzt durch die jeweiligen Bezirksamtschefs aus Hamburg-Mitte. Nur auf diesem Fest bin ich mit einem Würstchenstand dabei.
Hat sich eigentlich das klassische Volksfest im Laufe der Jahre verändert?
Ja. Es gibt zwar ein unverändertes Stammrepertoire wie der Autoscooter bei den Fahrgeschäften oder der Würstchenstand, aber es sind viele hochtechnisierte Fahrgeschäfte und Leckereien für den großen und kleinen Hunger dazugekommen. Und das Publikum hat sich auch verändert. Bei unserem Karussell müssen wir immer häufiger durchgreifen, da die Besucher sich nicht an Regeln halten, oder sie nicht verstehen und teilweise sogar aggressiv werden. Ich meine, das Internet trägt viel dazu bei, dass die Menschen überhaupt nichts mehr behalten können was ihnen gesagt wird und auch nichts begreifen.
Wie schätzen Sie die Zukunft der Volksfeste in 10 Jahren ein?
Wir Schausteller sterben zuletzt… ich habe also keine Bedenken, dass es mit unserer Branche nicht weitergeht.
Müssen die Fahrgeschäfte immer größer, höher und schneller werden?
Ja, die Besucher wollen es, sie suchen immer wieder einen neuen Kick.
Sollte sich das Verzehrangebot verändern, etwa exotischer werden?
Ich habe in all den Jahren sehr genau aufgepasst, was die Menschen essen möchten und hatte mit meinen Ideen und Anpassungen bislang den richtigen Riecher.
Was bedeutet geschäftlicher Erfolg für Sie?
Dass es funktioniert ...die Geschäfte gut aussehen, dass man alles in Ordnung hat, denn das Geschäft muss gehegt und gepflegt werden. Erfolg ist für mich auch, dass meine Kinder funktionieren und ihre Sache gut machen.
Wie erleben Sie als Schausteller Hamburg?
Hamburg ist meine Heimat und die Stimmung unter den Schaustellern ist gut.
…und privat, verraten Sie Ihr Hobby?
Fußball. Ich bin HSV Fan, auch wenn sie schlecht spielen, denn "Liebe kennt keine Grenzen,"erklärt Peter H. schmunzelnd.
Das Interview müssen wir nun beenden, heute spielt der HSV im Volksparkstadion!
Und meine Geschäfte sind mein Hobby, fügt Peter H. noch blitzschnell hinzu.
Das Gepräch führte Barbara Gitschel-Bellwinkel im April 2024.
Zum obigen Motiv: Peter H. dirigiert das Geschehen aus seinem Karussell-Cockpit
Fotos©Barbara Gitschel-Bellwinkel