Mit dem liebenswerten Namen "Serviettenzauberei" ist Marion M., 52 seit 2019 auf Wochenmärkten unterwegs. Wie es dazu kam verrät sie hier: Marion M. ist gelernte Einzelhandelskauffrau, verheiratet und hat vier erwachsene Kinder. Die beiden Söhne sind ebenfalls im Einzelhandelsbereich unterwegs, während die Töchter von Beruf Erzieherinnen wurden. Marions Ehemann ist angestellt und hilft ihr, so wie es seine Zeit zulässt, vor Ort auf dem Wochenmarkt und macht zudem den Bürokram. Bis 2017 war sie als Angestellte im Molkereiwesen beschäftigt, und so lag die Frage nah, wie es zu dem neuen Berufsbild gekommen ist. Die Geschichte beginnt 2010 mit
einer Mutter-Kind-Kur, erzählt Marion M. Dort wurde mit Servietten gebastelt, das habe ihr so viel Freude gebracht, dass sie die Serviettenbastelei mit nach Hause nahm und vertiefte. Ihr Tun blieb nicht unentdeckt. Freunde und Bekannte ermunterten sie die hübschen Dekohits zu verkaufen. Also überlegte Marion wie ein solcher Verkauf zu ermöglichen wäre. "Es begann damit, dass ich in Altona ein Fachl mietete, das ist eine Möglichkeit auf kleiner Fläche Artikel zum Verkauf zu präsentieren ohne selbst vor Ort sein zu müssen, allerdings bei recht hoher Monatsmiete. Also schaute ich mich um wie ich vorgehen könnte und meldete zunächst mein Gewerbe an, das ich natürlich "Serviettenzauberei" nannte. Dann entdeckte ich den Wochenmarkt für mich. Ich startete mit einem Tapeziertisch 1 m lang, den ich per Fahrrad mit Anhänger zum Markt brachte, das war 2019 und zwar am Schmuggelstieg. Inzwischen habe ich zwei Pavillons und richtig viel Zubehör…komme auf 5 m", erinnert sich Marion M. fröhlich und staunt selbst über diese rasante Entwicklung.
Was gibt es denn heute im Sortiment?
Neben meinen gebastelten Artikeln rund um Servietten, sind auch beleuchtete Themenkränze, Windlichter u.v.m. in meinem Angebot. Mit bunten Wundertüten die in der Werkstatt für Behinderte entstehen, runde ich mein Sortiment ab und versuche auf diesem Weg etwas zu helfen, denn die Einnahmen fließen an die gemeinnützige Werkstatt zurück. Übrigens habe ich während der Coronazeit meine Markttätigkeit unterbrochen, viel gebastelt und mich um meinen Online-Shop gekümmert.
Wie läuft denn der Online Shop?
Eher schlecht. Meine Erfahrung ist, dass die Leute meine Artikel vor Ort sehen und auch gern anfassen wollen.
Auf wie vielen Wochenmärkten arbeiten Sie?
Zurzeit auf 4 Wochenmärkten und auf einigen Kunsthandwerkermärkten.
Was bedeutet Ihre Arbeit für Sie?
Mit der "Serviettenzauberei" fühle ich mich richtig wohl, denn nun kann ich meine Kreativität ausleben. Ich habe schon mein ganzes Leben lang gern gebastelt, doch um es richtig anzugehen bedurfte es etlicher Ermutigungen von Freunden und Verwandten.
Mit welchen beruflichen Themen setzen Sie sich zurzeit auseinander?
Ich bin stets mit offenen Augen unterwegs, um Trends rund ums Wohnen und Dekorieren zu erkennen und mein Stammsortiment mit hinzugekauften Artikeln zu erweitern. Dazu besuche ich Messen und schaue mir Informationssendungen zum Thema Einrichten an. Außerdem produziere ich ständig meine eigenen Artikel, rund um Servietten und noch viel mehr.
Haben Sie Freude an ihrem neuen Beruf?
Ja sehr, mein "Eigenes" zu haben und meine Kreativität auszuleben ist wunderbar. Inzwischen habe ich Stammkunden und freue mich von ihnen zu hören, wie die Artikel angekommen sind und/oder wie sie damit den Beschenkten Freude bereiten konnten.
Würden Sie jungen Menschen zum Wochenmarkthandel raten?
Sofern es sich um Geschenkartikel handelt eher nicht, denn es ist – gemäß meiner Beobachtung – schwerer, als zum Beispiel Lebensmittel zu verkaufen. Ich nehme eine Art Sonderstellung auf dem Wochenmarkt ein. Andererseits würde ich jungen Menschen sagen, die Lust dazu haben, einfach ausprobieren, ob es das Richtige ist.
Wie schätzen Sie die Zukunft der Wochenmärkte in 10 Jahren ein?
Es wird immer schwerer für Beschicker des Wochenmarkts, da stets neue Vorschriften umgesetzt werden müssen. Hinzu kommt, dass es sicher immer mehr Menschen gibt, die sich den Einkauf auf dem Wochenmarkt nicht mehr leisten können, außerdem gehe ich davon aus, dass die Wochenmärkte kleiner werden.
Was bedeutet geschäftlicher Erfolg für Sie?
Mein Eigenes zu haben und genug Geld für Einkäufe zu verdienen um ein schönes, großes Sortiment für meine Kunden anbieten zu können.
Haben Sie einen Wunsch für Ihre Zukunft?
Zunächst wünsche ich mir einen Anhänger, da meine Pavillons bei Wind und Wetter sehr anfällig sind und langfristig träume ich zusätzliche von einer kleinen Ladenfläche, die profitabel ist.
...und privat, verraten Sie uns Ihr Hobby
Mein Hobby ist die Bastelei, der Verkauf und der Kontakt mit meinen Kunden, also meine Arbeit.
Vielen Dank für das nette Gespräch, alles Gute und stets neue Bastelideen.
Das Gespräch führte Barbara Gitschel-Bellwinkel, Oktober/November 2023
Fotos©Barbara Gitschel-Bellwinkel