Stories vom WochenMarkt

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Stories von VolksFesten

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MarktVergnügen für alle

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Vom Rechtsanwaltsbüro zur Landküche Thal in der sie viele verschiedene Köstlichkeiten herstellte, über Bürotätigkeit für den Landesverband hin zur Chocanya mit köstlichen süßen Angeboten, hat sich Astrid T. (64 Jahre) heute Chocolatiére und Wochenmarkthändlerin immer wieder neu erfunden.
Marktstories fragt nach, wie es zu dieser ganz besonderen Karriere kam.

Wie sind Sie zur Schokolade gekommen?
Während meiner Ausbildungszeit zur Rechtsanwaltsgehilfin besserte ich meine Ausbildungsvergütung in einer Konditorei auf. Hier eignete ich mir Grundkenntnisse in der Pralinen- und Schokoladenherstellung an und begeisterte mich sehr dafür. In meiner Ausbildungskanzlei lernte ich sodann einen Jurastudenten kennen, mit dem ich einige Zeit nach meiner Ausbildung und als er sein Examen bestanden hatte, eine Rechtsanwaltskanzlei gründete und eine Weiterbildung zur Rechtswirtin begann. So blieb keine Zeit mehr für einen Nebenjob in der Konditorei und meine erworbenen Kenntnisse schliefen ein. Ende 2014 beendete der Tod meines langjährigen besten Freundes und Arbeitgebers nach 30 Jahren unsere Zusammenarbeit und die Rechtsanwaltskanzlei wurde abgewickelt. Ich war Mitte 50, hatte viele neue Jobangebote, aber keine Lust mehr zur Juristerei.Etwas Bürotätigkeit für den Verband war und ist in Ordnung, aber mein Plan war die Selbständigkeit und ich gründete die Landküche Thal, als Kleinunternehmen mit der Herstellung vieler kleiner Delikatessen.
Meine Liebe zur Schokolade war unverändert und ich übte das Pralinieren zunächst nur als Hobby aus, spielte nun aber auch mit dem Gedanken, Pralinen und Schokoladen professionell herzustellen und zu verkaufen. Nach vielen Seminaren bei weltweit angesehenen Chocolatiers, so auch auf der Chocolate Academy Köln, erweiterte ich Mitte 2019 die Landküche um Pralinen und Schokoladen. Schnell wuchs dieser Bereich und die Landküche rückte in den Hintergrund. Pralinen und Schokoladen machen heute den größten Teil meines kleinen Unternehmens aus.
Sie stellen die Süßigkeiten alle selbst her. Ist das schwierig?
Wenn man weiß wie es geht, nicht (lacht). Schokolade ist eine Diva und ein sehr komplexes Thema. Das kann ich nicht kurz und einfach erklären. Nur so viel: es kommt auf die Temperatur an. Schokolade muss temperiert werden, damit sie glänzt und knackt. Hier gelten unterschiedliche Temperaturen: Zartbitter zum Beispiel wird auf 45 Grad erhitzt und dann auf die Verarbeitungstemperatur von 32 Grad heruntergekühlt, wofür es verschiedene Methoden gibt.
Was muss man können?
Wie ich bereits oben erwähnt habe, man muss wissen, wie man Kuvertüre temperiert. Ferner muss man die einzelnen Zuckerarten kennen und auch richtig einsetzen. Zucker dient nicht nur dem Geschmack, sondern ist auch für die Haltbarkeit einer Praline von großer Wichtigkeit. Die Zutaten der Ganache (Pralinenfüllung) wie zum Beispiel Sahne, Butter, Kuvertüre, Früchte usw. sollten ausgewogen sein, also im richtigen Verhältnis zueinanderstehen, damit Haltbarkeit, Geschmack und Haptik der Praline perfekt sind. Auch muss der Wassergehalt stimmen (AW-Wert). Bei einem zu hohen AW-Wert ist eine Praline höchstens eine Woche haltbar. Bei einem sehr geringen AW-Wert wie z.B. bei Nougat, Marzipan oder Karamell besteht eine Haltbarkeit von mindestens sechs Monaten. Außer bei diesen Dreien sind meine Pralinen ca. sieben Wochen nach Herstellung haltbar. Es sind also sehr viele Komponenten zu beachten, um lebensmittelsichere Produkte herzustellen.
Das klingt sehr kompliziert, bitte erzählen Sie unseren Lesern wie man eine Praline herstellt.
Für die Hohlkörper der Pralinen verwende ich Polycarbonatformen, die in regelmäßigen Abständen Mulden enthalten. Zuerst „schminke“ ich die jeweiligen Mulden mit gefärbter temperierter Kakaobutter (Lebensmittelfarbe). Sobald die Kakaobutter fest ist fülle ich die jeweilige Form großzügig mit temperierter Kuvertüre aus, so dass auch alle Ränder gleichmäßig mit Kuvertüre bedeckt sind. Nun drehe ich die Form auf den Kopf und lasse die überschüssige Kuvertüre wieder in meine Schüssel ablaufen. Dabei bleibt eine dünne Wand an der Form haften. Sobald die Kuvertüre erstarrt ist, befülle ich die so entstandenen Pralinenhohlkörper mittels eines Spritzbeutels mit selbst kreierter Ganache, Nougat oder Marzipan bis kurz unter den Rand und lasse die so befüllte Pralinenform über Nacht ruhen. Zum Schluss werden die Pralinen mit temperierter Kuvertüre verschlossen.
Was muss man beachten, wenn man selbst hergestellte Pralinen auf dem Wochenmarkt verkaufen möchte?
Eine Ausnahme von der Meisterpflicht bildet der Wochenmarkt, weil er kein stehendes Gewerbe ist. Aber ab dem Moment, wo der Kunde per Telefon oder Mail eine Bestellung aufgeben möchte, befindet man sich im stehenden Gewerbe und die Meisterpflicht greift wieder. Es ist ein schwieriger Grad, um sich rechtskonform zu bewegen. Aber auch wenn der Wochenmarkt eine Ausnahme für den Verkauf darstellt, muss man trotzdem ein Gewerbe anmelden und alle lebensmittel- und auszeichnungstechnischen Erfordernisse erfüllen, damit die Lebensmittelkontrolle sowohl in der Produktionsstätte, als auch auf dem Wochenmarkt keine Beanstandungen hat. Hobbymäßig zuhause ein paar Pralinen zu basteln, um sie dann auf dem Wochenmarkt zu verkaufen, ist so einfach also nicht möglich. Es müssen immer die lebensmitteltechnischen und rechtlichen Regeln eingehalten werden.
Würden Sie interessierten jungen Menschen dazu raten, sich mit selbst hergestellten Süßigkeiten selbstständig zu machen und kann man davon seinen Lebensunterhalt bestreiten?
Diese Fragen sind schwer zu beantworten. Ich kann meinen Lebensunterhalt davon nicht bestreiten und habe meine Firma als Kleinunternehmen im Nebenerwerb angemeldet. Ob man sich egal womit auch immer selbstständig machen möchte, muss jeder selbst für sich entscheiden. Im Bereich Süßigkeiten wartet niemand auf ein neues Unternehmen, weil die Konkurrenz durch die großen Unternehmen sehr stark ist. Nicht bei der Qualität, sondern im Preissektor. Der Kunde schaut heute eher auf den Preis, als auf die Qualität. Gute Schokolade und Pralinen brauchen kein Palmöl, kein Butterreinfett, kein Kakaopulver, keine fremden Öle oder überdimensioniert viel Zucker. Qualitativ hochwertige Schokolade besteht nur aus Zucker, Kakaomasse und Kakaobutter. Mehr braucht es nicht, außer bei Vollmilchschokoladen noch Vollmilchpulver. Diese hat aber auch den entsprechenden Preis, der für manche leider unerschwinglich ist.
Welche Verkaufsschienen bedienen Sie und auf welchen Wochenmärkten bzw. an welchen Veranstaltungen nehmen Sie teil?
Ich handele im 14-Tages-Rhythmus samstags auf dem Wochenmarkt in Langenhorn. Ferner bin ich der Gemeinschaft Vier- und Marschlande Querbeet beigetreten, die aus ca. 30 kleinen produzierenden und inhabergeführten Betrieben aus unserer Region besteht. Zweimal im Jahr öffnen wir unsere Betriebe und bieten diverse Aktionen an. Ich habe mich einem Imker aus Leidenschaft (elbgelb) angeschlossen. Auf dessen Hof erkläre ich nicht nur die Herstellung von Schokolade, sondern verkaufe dort auch meine Pralinen. Beim Erntefest in Worth trifft man mich an sowie auch auf dem Weihnachtsmarkt beim Milchhof Reitbrook. Auch nutze ich das Angebot unserer WAGS Hamburg Events GmbH und verkaufe meine Pralinen und Schokoladen eine Woche lang in einer Aktionshütte auf dem liebevoll gestalteten Harburger Weihnachtsmarkt. Dieses Jahr bin ich vom 02.-09.12.2024 dort.
Ist es richtig, dass Sie an einem internationalen Wettbewerb für Schokolade teilgenommen haben?
Das ist richtig. Im Rahmen meiner Zusammenarbeit mit der Imkerei Elbgelb bei den Querbeet-Aktionswochenenden habe ich eine Honigkaramell-Praline entwickelt. Diese Praline habe ich bei den International Chocolate Awards, dem renommiertesten Wettbewerb im Pralinen- und Schokoladenbereich, eingereicht. Die Wettbewerbsbedingungen sind recht schwierig gehalten, weil neben dem Wettbewerb der einzelnen Produzenten auch dafür gesorgt werden soll, dass nur Schokolade in bester Qualität gehandelt wird. So musste ich u.a. den Herstellungsnachweis meiner Kuvertüre führen, d.h. von welcher Plantage mein Kakao bezogen wird. Bio-Zertifizierung, Fairtrade und weitere Zertifikate waren gern gesehene Voraussetzungen. Alles zusammen stimmte bei „meinem“ Kakaobauern auf Madagaskar. Auch wenn ich den Kakaobauern nicht persönlich kenne, die Bienen für den Honig schon. Es ist also eine rundum perfekte Praline entstanden, mit der ich sowohl die Silbermedaille (Silver Award) als auch eine Auszeichnung für hervorragendes Handwerk (Craft Award) erhalten habe. Mein Honigkaramell ist also in jeder Hinsicht ausgezeichnet. 
Wir gratulieren Ihnen zu dieser tollen Auszeichnung! Das wissen sicher auch Ihre Kunden zu schätzen!
Was bedeutet Ihnen Ihre derzeitige Arbeit und mit welchen beruflichen Themen setzen Sie sich zurzeit auseinander?
Jede meiner Tätigkeiten bringt mir Spaß, ob es Pralinen und Schokolade sind oder aber die Arbeit im Landesverband und bei der WAGS Hamburg Events GmbH.
Im Bereich Schokolade treiben mich die extrem gestiegenen Kakaopreise um. Ich habe mittlerweile eine Preissteigerung von 100%, die ich an meine Kunden nicht in voller Höhe weitergeben kann. Ich war aber auch schon gezwungen, meine Preise zu erhöhen. Im Dezember werde ich wohl leider ein weiteres Mal erhöhen müssen. Hochwertige Schokolade entwickelt sich zum Luxusobjekt. Die Industrie wird hier mit billigen Rohstoffen gegensteuern. Eine Entwicklung, die mir nicht gefällt.
Beim Landesverband machen mir die rückläufigen Mitgliederzahlen Sorge. Ich kann einfach nicht verstehen, warum sich nicht jeder Wochenmarkthändler in unserem Berufsverband organisiert. Die Arbeit des Landesverbandes findet mit der Vielzahl von Ehrenamtlichen im Stillen statt. Wenn es den Verband mangels Mitgliedern eines Tages nicht mehr geben sollte, kümmert sich keiner mehr darum, die Wettbewerbsfähigkeit der Wochenmärkte zu erhalten. Dann ist das Geschrei groß, (aber dann ist es zu spät).
Wie schätzen Sie die Zukunft der Wochenmärkte in 10 Jahren ein und wie sieht Ihre geschäftliche Planung aus?
Die Wochenmärkte werden sich verändern, weil sie sich an der Nachfrage am Kunden und des einzelnen Standortes orientiert. Entscheidend sind auch die politischen und bürokratischen Rahmenbedingungen sowie die Auflagen, unter denen die Wochenmarktbetriebe ihr Auskommen erwirtschaften müssen. Es muss sich schon lohnen! Die Entwicklung des Wochenmarkthandels werde ich genau beobachten und mich dementsprechend entscheiden, ob und bis wann es sich für mich lohnt.
Mit wem würden Sie gerne mal über „Gott und die Welt“ diskutieren bzw. wen würden Sie gern mal kennenlernen?
Ich würde schon sehr gerne einmal mit einem Verantwortlichen unserer Regierung darüber diskutieren, warum die wichtigen Interessen der Wirtschaft so wenig im Fokus stehen. Denn was den mittelständischen und kleinen Unternehmen mittlerweile abverlangt wird, ist kaum noch zu leisten. Warum wird der Mittelstand und die vielen Kleinunternehmen einem Großunternehmen gleichstellt? Warum immer wieder neue unsinnige Verordnungen wie LUCID (Verpackungsverordnung) erlassen werden, die eigentlich nur Großunternehmen betreffen? Es sollte Ausnahmeregelungen für kleine Betriebe geben. Warum muss dieser ganze Bürokratisierungsirrsinn mit Aufzeichnungspflichten sein? Warum möchte man steuerzahlenden Bürgern ihren hart erarbeiteten Wohlstand nehmen? Hier ganz explizit die Wärmepumpe für Bestandsimmobilien. Warum …? Ich hätte so viele Fragen…
Haben Sie einen Wunsch, eine Vision für die Zukunft?
Helmut Schmidt sagte einst "wer Visionen hat sollte zum Arzt gehen". Ich muss ehrlich gestehen, dass ich von der derzeitigen, aber auch vorherigen Regierung derart desillusioniert bin, dass mir Visionen fehlen. Deshalb wünsche ich mir einfach nur, dass es meiner Familie, insbesondere meinen Eltern und unseren Kindern, Schwiegerkindern und Enkelkindern weiterhin gut geht und zu guter Letzt meinem Mann und mir noch ganz viele gesunde und glückliche Jahre zusammen.

Vielen Dank für das umfassende Gespräch und weiterhin viel Erfolg mit ihrer Verbandsarbeit und ganz besonders mit den verführerischen, süßen Köstlichkeiten!
BGB im November/Dezember 2024